Kann man den “Big Five” im Alltag den Rücken kehren?
Unsere Kollegin Melissa Michael wuchs in einer ländlichen Gemeinde auf und sie erinnert sich an ein besonderes Jahr in dem es eine extreme Anzahl an Stromausfällen gab. Obwohl sie sich des Ausfalls bewusst war, drehte sie aus reiner Gewohnheit immer wieder am Lichtschalter. Oder sie sagte „Der Strom ist ausgefallen, also kann ich den Herd nicht benutzen. Ich mache stattdessen nur Toast”. Danach schlug sie sich die Stirn, als ihr klar wurde, dass natürlich auch der Toaster mit Strom versorgt wird.
So abhängig waren und sind wir von Strom. Natürlich gab es damals noch keine Smartphones, aber dafür kaufte ihre Familie ihren ersten Heimcomputer. Der neue PC erfüllte für Melissa zwei Funktionen: ab sofort konnte sie Tippfehler korrigieren ohne mühsam Tipp-Ex zu verwenden. Weiterhin bot er ihr mit Minesweeper eine willkommene Ablenkung.
Später bekam dieser Computer eine Internetanbindung. Das Zischen und Quietschen des DFÜ-Modems war der Hinweis, dass sie gerade auf die “Informationsautobahn” auffuhren. Ihre Familie und sie hatten damals keine Ahnung, dass sie mit der Zeit so abhängig von Computern werden würden. Erst recht haben sie nicht geglaubt, dass die PCs in der Zukunft einen so großen Anteil an ihrem täglichen Leben haben. Melissa konnte sich auch nicht vorstellen, dass Computer bald so schrumpfen würden, dass sie sogar in ihre Tasche passen. Sie konnte nicht vorhersehen, dass eine fehlende Internetverbindung sie letztendlich auf die gleiche Weise behindern würde, wie ein Stromausfall.
Aber darauf kommt es an. Und die Komplexität des modernen Lebens wird noch deutlicher, wenn wir erkennen, dass es bei der Gestaltung unseres vernetzten Lebens nicht nur darum geht, ein Gerät mit einer Breitbandverbindung und einem Datentarif zu haben; für die meisten von uns ist es auch gleichbedeutend mit der Abhängigkeit von – und dem Austausch unserer Daten mit – Apple, Microsoft, Google, Facebook und Amazon, auch gemeinsam bekannt als die Big Five.
Immer mehr wächst das Bewusstsein, wie viele Daten diese Unternehmen über uns sammeln sowie verwerten und wie viel Einfluss das wiederum auf unser Leben hat. Einige haben daher begonnen sich diesem Trend zu wiedersetzen und versuchen damit die Abhängigkeit und den Einfluss zu stoppen. Die Journalistin Kashmir Hill hat in einem Experiment festgestellt was passiert, wenn man alle Produkte und Dienstleistungen der fünf Unternehmen einfach abschaltet und nicht mehr nutzt:
Diese Unternehmen sind unvermeidlich, weil sie die Internet-Infrastruktur, den Online-Handel und den Informationsfluss kontrollieren. Viele von ihnen sind darauf spezialisiert, Nutzer im Internet zu verfolgen, unabhängig davon, ob Sie deren Produkte verwenden oder nicht. Diese Unternehmen haben damit angefangen Bücher zu verkaufen, Suchergebnisse anzubieten oder heiße College-Girls zu präsentieren. Aber sie haben sich enorm entwickelt und ausgeweitet und berühren nun fast jede Online-Interaktion.
Wir haben die Twitter-Follower von FREEDOME in einer inoffiziellen Umfrage gefragt, zu welchem Unternehmen ein Kontaktabbruch am schwierigsten wäre. Amazon konnten wir auf Grund der Einschränkungen der Twitter-Umfragen nicht mit einbeziehen. Das Ergebnis fiel mit 55 Prozent recht klar aus: Google. Kein Wunder – denn Google ist alles: von der Suchmaschine bis zur E-Mail, der Chrome-Browser, das Betriebssystem für Android-Besitzer, Karten für unterwegs und YouTube; um nur einige zu nennen. Facebook erhielt die wenigsten Stimmen.
Which one would be the hardest for you to quit? #privacy
— F-Secure FREEDOME VPN (@FreedomeVPN) December 17, 2018
Der Journalist Daniel Oberhaus startete für einen Monat eine Art „digitale Diät“ von den fünf gewichtigen Unternehmen. “Es ist durchaus möglich, Open-Source-Ersatz für so ziemlich jeden größeren Service der Big Five zu verwenden”, schrieb er in einem Artikel, in dem er seine Erfahrungen und seine Tipps für Alternativen darlegte. “Das Wichtigste ist zu erkennen, dass keiner dieser Dienste notwendig ist. Wir haben vielleicht ein tiefes Vertrauen in sie entwickelt, aber das ist nicht dasselbe. ”
Das Verlassen der Services der Big Five würde sicherlich seine Zeit brauchen, denn man hat sich an sie genauso gewöhnt, wie das gewohnte Umschalten des Lichtschalters sogar während eines Stromausfalls. Was ist mit Ihnen? Denken Sie, dass Sie den Big Five den Rücken kehren könnten?
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